Energie & Umwelt - page 2

Energienetz der
Zukunft
Das Stromnetz soll schlauer
werden: Mit Informations­technik
­aufgerüstete Leitungen und
Steuerelemente können künftig
Schwankun­gen in der Versorgung
eigenständig ausgleichen.
Davon profitieren auch die Ver-
braucher.
Gut zu wissen
Zähler für
Warmwasser
Ab dem Jahreswechsel 2013/14
werden in Mehrfamilienhäusern sepa-
rate Warmwasserzähler Pflicht. So soll
die Heizkostenabrechnung für Mieter
transparenter werden.
Infos der Partner
Der grüne Strom ist da!
Wasserkraftwerke liefern günstigen Ökostrom – zuverlässig, rund um die Uhr.
Seit 1996 auch aus der Weißenfelser Herrenmühle.
Ein eigener Wärmezähler muss in Mehrfami-
lienhäusern laut Heizkostenverordnung
(HKVO 2009) spätestens ab 31. Dezem-
ber 2013 die Energiemenge für die zentrale
Warmwasserbereitung erfassen. Mit dem se-
paraten Zähler sollen die Kosten für die
Warmwasserbereitung genauer berechnet
und demMieter gegenüber ausgewiesen wer-
den. Der Gesetzgeber erhofft sich neben hö-
herer Transparenz und verbrauchsabhängiger
Abrechnung vor allem ein verändertes Nut-
zerverhalten und stärkere Anreize zum Ener-
giesparen.
Der nach Paragraf 9 der HKVO vorgese-
hene zusätzliche Wärmezähler pro Heizungs-
anlage muss in der Speicherladeleitung zwi-
schen Heizkessel und Warmwasserspeicher
installiert werden. Die Energiemenge für
Warmwasser wird vom Gesamtverbrauch ab-
gezogen und die Differenz als Heizwärme-
verbrauch betrachtet. Dies führt in Einzelfäl-
len zu einer ungerechten Kostenverteilung,
falls einzelne Mietparteien über eine dezen-
trale Warmwasserbereitung verfügen. Dann
kann es sinnvoll sein, einen zweiten Zähler
zur exakten Ermittlung der Heizwärme zu
installieren.
Eine Befreiung vom Einbau eines Wär-
mezählers ist nur möglich, wenn dies mit
unzumutbar hohem Aufwand verbunden ist
(etwa wenn die Kosten für die Wärmeerfas-
sung 25 Prozent der Brennstoffkosten über-
steigen).
Sind die Zähler nicht bis Jahresende ein-
gebaut, können Mieter die Heizkostenab-
rechnung um 15 Prozent kürzen.
Bereits im 14. Jahrhundert wurde in der Wei-
ßenfelser Herrenmühle die Kraft des Wassers
genutzt, um Korn zu mahlen, später auch,
um elektrische Energie zu erzeugen. Nach
langem Stillstand kommt 1995 wieder Leben
auf das Gelände an der Leipziger Straße.
Komplett ohne Fördergelder bringt der stu-
dierte Wasserwirtschaftler Hans-Dieter
Böckler die alte Graupenmühle wieder in
Gang. 1996 geht eine Francis-Schachtturbi-
ne mit einer Leistung von 200 Kilowatt ans
Netz. Ein Jahr später nimmt Böckler die
Mahlmühle in Angriff, die 1999 mit zwei
Kaplan-Turbinen mit einer Leistung von je-
weils 500 Kilowatt in Betrieb geht.
Drei Turbinen produzieren hier nun je
nach Wasserführung insgesamt über drei
Millionen Kilowattstunden (kWh) Strom im
Jahr. „2012 waren es 3,3 Millionen kWh.
Durch das Hochwasser ist es fraglich, ob wir
das in diesem Jahr schaffen“, so Hans-Dieter
Böckler. Eines steht fest: Bei extremem
Hochwasser, aber auch bei Niedrigwasser
müssen die Turbinen abgeschaltet werden.
Der Umweltschutz verlangt die Bereitstel-
lung einer Mindestabflussmenge. „Trotzdem
sind wir ein zuverlässiger Partner der Stadt-
werke. Im Gegensatz zu anderen erneuer-
baren Energien speisen wir eine relativ kon-
stante Strommenge ins Netz der Stadtwerke
ein“, erklärt Hans-Dieter Böckler. Der Strom
wird von den Stadtwerken unter dem Namen
SAALE-Strom vermarktet. Ökostromkun-
den der Stadtwerke können also sicher sein,
dass der SAALE-Strom zu 100 Prozent vom
Wasserkraftwerk Herrenmühle stammt.
Eine Besichtigung des Wasserkraftwerkes
mit exklusiver Führung von Hans-Dieter
Böckler, auch mit Informationen zur Ge-
schichte und zum Umweltschutz, ist jederzeit
möglich. Anmeldung unter 03443 203757.
Wasserkraft-Pionier Hans-Dieter Böckler.
Die Energiewende macht neben der stär-
keren Nutzung erneuerbarer Energien auch
die Dezent­ralisierung der Energieversorgung
notwendig. Früher erzeugten wenige Groß-
kraftwerke Strom und schickten ihn ins
Land. Heute liefern Zehntausende kleiner
Erzeuger Energie: Windräder, Fotovoltaikan-
lagen oder Blockheizkraftwerke. Daneben
sichern Atommeiler und Kohlekraftwerke
die Grundversorgung. Wasser- und Gaskraft-
werke mildern Nachfragespitzen und sprin-
gen schnell ein, wenn Sonne und Wind aus-
bleiben.
Das Energieangebot und diesen Produk-
tionsmix stets der Nachfrage anzupassen,
lautet die Aufgabe. Und die wird ständig
komplexer: Immer mehr Ener­gie­er­zeu­gungs­
anla­gen müssen bis 2020 ins Netz eingebun-
den werden. Bis dahin soll der Anteil erneu-
erbarer Energien an der Stromerzeugung auf
35 Prozent steigen und zwei Jahre später das
letzte Atomkraftwerk abgeschaltet sein.
Der Prosumer kommt
Um die Energieversorgung zukunftsfit zu
machen, braucht es deshalb leistungsfähigere
und intelligente Leitungsnetze sowie Trans-
Energie & Umwelt | 6/2013
formatoren, die Schwankungen in der Ener-
gieversorgung selbsttätig ausgleichen.
Am Ende der smarten Netze bei den Ver-
brauchern zu Hause nimmt schlaue Technik
den Bewohnern viel Arbeit ab und hilft,
Ener­gie so effizient wie möglich zu nutzen.
Im smarten Haus werden Elekt­ro­geräte,
Licht, Heizung und Lüftung zentral und auf-
einander abgestimmt gesteuert. Das spart bis
zu 60 Prozent Energie für die Beleuchtung,
ein Viertel Heizkosten und erhöht die Le-
bensqualität. So schaltet die Steuerung auto-
matisch etwa die Waschmaschine ein, wenn
Energie zu einem günstigen Tarif verfügbar
ist oder morgens die Fotovoltaikanlage auf
dem Dach genug eigenen Strom erzeugt.
Die Energiezukunft bringt auch einen
neuen Typ Energieverbraucher mit sich: Im-
mer mehr „Prosumer“
(Consumer und Producer)
kaufen und verkaufen
Strom. Sie beziehen Strom
nicht mehr nur, sondern er-
zeugen ihn selbst: zum Ei-
genverbrauch, zur Einspei-
sung ins Netz oder zum
Speichern in Akkus, um ihn
zu anderer Zeit zu verbrau-
chen. Intelligente Technik
muss den Stromfluss im
Zusammenspiel mit dem
Stromnetz steuern und
messen – ebenso wie die
Abrechnung.
Neue Netze braucht das Land:
Übertragungsnetze arbeiten
mit Höchstspannung (220 bis
380 Kilovolt), regionale Ver-
teilnetze mit Hochspannung
(60 bis 150 Kilovolt).
Deutschlands Netze
Rund 1,8 Millionen Kilometer Leitungen
mit 550 000 Transformatoren bringen
den Strom ins Haus. Mehr Transportnetze
müssen die Elektrizität der Windparks
im Norden Deutsch­lands in den Süden
transpor­tieren. Kosten: 20 Milliarden
Euro. Über das 460 000 Kilo­meter lange
Erdgasnetz werden die Kunden zuverläs­
sig mit Energie versorgt. 48 Unter­tage­
speicher sichern die Bereitstellung von
Erdgas. Mehr Infos:
Foto: goodluz / fotolia.com
Foto: Marco Kneise / Thueringer Allgemeine
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